Einzelprojekte
abgeschlossen

Anästhesie und Literatur. Diskursive und literarische Zonen des Ausfalls in der Kognition (Leibniz-Zentrum für Literatur- und Kulturforschung Berlin)

"Gegenstand des Projekts ist die Beschreibung von Wissensproduktion über Kognition aus einer Perspektive, die den Konnex von Hirn- und Bewusstseinsforschung diskurskritisch hinterfragt: Es gilt das Wissen von Kognition, wie es vom 18. bis 20. Jahrhundert entsteht, nicht in seinen Funktionsweisen, sondern gerade von seinem Nichtfunktionieren, d.h. von den Zonen des Ausfalls her, zu beschreiben und zwar sowohl als literarisches als auch als wissenschaftliches Ereignis. Methodische Prämisse ist, dass jeder Diskurs seine Leerstellen mitproduziert. Das Projekt nimmt die Frage nach Kognition damit von ihrer Kehrseite her auf, die in den Diskursen um Wahrnehmung und Erkennen miterzeugt wird, ohne darin thematisch zu werden. In der Analyse der konstitutiven Funktion jener diskursiven Kehrseiten für die Produktion des Wissens um Kognition und der damit bewirkten Verschiebung dieser Wissensformation liegt die spezifische Herangehensweise einer philologisch ausgerichteten Kulturwissenschaft. Die Geschichte der Anästhesie wird nicht – wie vielfach geschehen - als Geschichte der Analgesie oder der Erweiterung des Bewusstseins durch Drogenkonsum, sondern als Geschichte des Ausfalls von Bewusstsein perspektiviert. Ins Zentrum der Untersuchung rückt damit der Moment, in dem das Bewusstsein in Literatur und Wissenschaften künstlich ausgeschaltet, anästhesiert wird. Anästhesie ist in dieser Hinsicht diskursiver Bestandteil der Wissensgeschichte, und mehr noch: Als temporärer Verlust des Bewusstseins ist sie die Leerstelle der Kognition par excellence. In diesen anästhetischen Zonen wird ein spezifisches Wissen generiert, das nicht im wissenschaftlichen Zugriff auf Kognition artikuliert werden kann. Ebendies dieses andere Wissen der Kognition soll zum einen anhand literarischer Texte und den an ihnen beobachtbaren Betäubungstechniken, zum anderen anhand der Experimentalgeschichte der Anästhesie selbst analysiert werden. Ziel des Projekts ist es, anhand der Reflexion eines künstlich erzeugten Nullpunktes des Bewussteins in Medizin und Literatur, d.h. eines kognitiven degré zéro, die Genese eines theoretischen Begriffs von Anästhesie und damit der Kognition in Literatur und Wissenschaften nachzuzeichnen."

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Quelle der Beschreibung: Information des Anbieters

Schlagworte

Anästhesie, Medizin, Kognition, Schlaf

Kontakte

Cornelia Wild
Elisabeth Strowick
Katrin Solhdju

Institution

Leibniz-Zentrum für Literatur- und Kulturforschung Berlin (ZfL)
Deutschland