Einzelprojekte

Literary Modelling and Energy Transition. Development and Application of a Transdisciplinary Theory of Models

"Die Energiewende ist nicht allein das größte technologische Projekt der Gegenwart, sie ist auch Deutschlands größte Erzählung. Sie antwortet auf die Erzählung des Klimawandels, der Globalisierung und der demografischen Veränderung durch ein gewaltiges Rettungsprogramm. Die Energiewende, so heißt es angesichts der zahlreichen apokalyptischen Szenarien, ist notwendig, überfällig, unumkehrbar. Sie erscheint als Apriori der gesellschaftlichen Aushandlungsprozesse und sie greift bis in den kleinsten Lebensbereich. Sie kann und darf nicht scheitern. Literary Modelling and Energy Transition ist ein Kooperationsprojekt der WWU Münster und des Karlsruher Instituts für Technologie KIT. Ziel der Forschungszusammenarbeit ist die Entwicklung einer transdisziplinären Modelltheorie im experimentellen Rahmen des Karlsruher Energiewendeprojekts „Energiesystem 2050“. Im Fokus steht die Nahaufnahme jener Großerzählung, die der Energiewendediskurs an der prekären Schnittstelle von Krisen- und Konfliktszenarien, avancierten Hochtechnologien und markanten Zukunftsversprechen entwirft. Die Narrative aber, die den Energiewendediskurs bestimmen und aus denen er besteht, beruhen auf Modellen, die selbst keine Narrative sind: auf technischen und mathematischen Modellen, auf Beschreibungskonventionen, Bildgebungsverfahren und normierten Praktiken, auf Prozeduren der statistischen Prognostik, auf Routinen des Forschungstransfers. An diesem Grenzbereich von szientifischer, ästhetischer und narrativer Modellierung setzt der transdisziplinhäre Auftrag des Projekts und seiner Partner an. Der Energiediskurs wird dabei in drei Richtungen erschlossen: als Objekt der Theorieentwicklung, als Problem der Analyse und Kritik, sowie als Auftrag der Vermittlung und Beratung in und außerhalb der Wissenschaft. Der literaturwissenschaftliche Beitrag zum Projekt besteht in der Entwicklung einer literarischen Modelltheorie. Sie diskutiert die Frage nach poetischen Modellbildungs- und Steuerungsverfahren aus form- und gattungshistorischer Sicht, vor allem auch im Hinblick auf die gegenwärtige Entwicklung von mobilen Narrativen und Modalexperimenten im Kontaktbereich von fact und fiction (‚Modalitätsmanagement‘). Des weiteren beteiligt sich die Literaturwissenschaft am Aufbau einer fächerübergreifenden Modellhermeneutik, die insbesondere auf analoge Überlegungen zur technologischen Prognostik reagiert. Sie steuert, drittens, ihre Expertise zur Beschreibung und Kritik von Modellierungspraxen bei, die exemplarisch in der hochdynamischen Modellarchitektur des Karlsruher „Energy Lab 2.0“ betrieben werden. Dieser Ansatz schließt auch bildungswissenschaftliche Beschreibungskomponenten ein. Die Forschergruppe zielt dabei auf ein Konzept strategischer Modellvermittlung, das – als Pädagogik und Didaktik zukünftiger Modellierung und Modellberatung – die komplexe Kommunikation von (nicht nur) energiebezogenen Modellen an Entscheidungsträger aus der Industrie und Politik, vor allem aber auch an eine breite Öffentlichkeit unternimmt."

mehr lesen weniger lesen
Quelle der Beschreibung: Information des Anbieters

Schlagworte

Energiewende

Kontakte

Robert Matthias Erdbeer

Institution

Westfälische Wilhelms-Universität Münster (WWU)
Germanistisches Institut
Deutschland