Einzelprojekte

Translationsanthropologie. Die deutschen Homer- und Ovid-Übersetzungen des 16. Jahrhunderts aus der Perspektive der Intersektionalitätsforschung

"Das Projekt untersucht die für die Übersetzungskulturen der Frühen Neuzeit charakteristische Antikenrezeption, beschränkt sich dabei jedoch nicht auf die sprachlich-literarische Ebene, sondern fragt nach den zugrundeliegenden normativen und epistemischen Vorstellungen. Übersetzungen werden als anthropologische Schlüsseltexte verstanden, die von Menschen für Menschen angefertigt werden und menschliche Angelegenheiten verhandeln. Von dieser Grundthese geht das Projekt aus und führt verschiedene Forschungsrichtungen zusammen: die kulturwissenschaftliche Übersetzungstheorie, die sozialwissenschaftliche Intersektionalitätstheorie und die literaturwissenschaftliche Humanismusforschung. Mit den volkssprachigen Versionen von 'Ilias', 'Odyssee' und den 'Metamorphosen' werden Werke neu interpretiert, die die europäische Wissens-, Literatur- und Kulturgeschichte nachhaltig geprägt haben. Die deutschen Homer- und Ovid-Übersetzungen des 16. Jahrhunderts werden daraufhin untersucht, wie in ihnen Machtverhältnisse ausgehandelt, Identitätskategorien verknüpft und Normen vermittelt werden. Die germanistische Übersetzungsforschung profitiert von der Intersektionalitätstheorie, insofern sich ihr methodisches Reservoir erweitert und die Verwobenheit verschiedener Identitätskategorien differenziert untersucht werden kann. Zugleich erhält die Intersektionalitätsforschung durch den Vergleich von antiken Prätexten und frühneuzeitlichen Übersetzungen eine historische Basis, da sich der kulturelle Konstruktionscharakter von Identität, Körper und Geschlecht an sprachlich-textuellen Akzentverschiebungen festmachen lässt.Das Projekt untergliedert sich in zwei Teile, die eng aufeinander bezogen sind: a) In einem Publikationsprojekt wird die Projektleiterin die theoretischen Voraussetzungen eines anthropologischen Übersetzungsbegriffs erläutern und an den frühneuhochdeutschen Ovid-Übersetzungen exemplarisch entfalten. b) Das zweite Teilprojekt knüpft methodisch daran an, widmet sich aber einem anderen Textkorpus und historisiert die zentralen Kategorien der Intersektionalitätsforschung. Die Verknüpfungen von Geschlecht, Stand, Herkunft, Religion, Sexualität und Dis/ability in 'Ilias' und 'Odyssee' werden systematisch analysiert und so eine Neuinterpretation der frühneuhochdeutschen Übersetzungen wie der antiken Epen vorgelegt. Inhaltlich verbunden sind beide Projektteile durch die Ovid- und Homer-Übersetzungen des Augsburger Meistersingers Johannes Spreng, die bislang weitgehend unerforscht sind. Ziele des Projekts sind, das Konzept einer Translationsanthropologie zu entwerfen, die Intersektionalitätstheorie für die Übersetzungsanalyse fruchtbar zu machen und so einen konzeptionellen Beitrag zum SPP 2130 zu leisten."

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Quelle der Beschreibung: Information des Anbieters, bearbeitet

Schlagworte

Intersektionalitätsforschung

Kontakte

Regina Toepfer

Institution

Technische Universität Braunschweig (TUB)
Fakultät für Geistes- und Erziehungswissenschaften
Institut für Germanistik
Deutschland