Sacha Batthyanys Großtante war in eines der schrecklichsten Nazi-Verbrechen am Ende des Zweiten Weltkriegs verwickelt. Als er ihre Geschichte aufschreibt, stößt er auf ein altes Familiengeheimnis. Wenige Wochen vor Kriegsende gibt Gräfin Margit Thyssen-Batthyány im österreichischen Rechnitz ein rauschendes Fest. Gegen Mitternacht verlassen die Gäste das Schloss und erschießen 180 Juden, die am Bahnhof auf den Weitertransport warten. Was genau in dieser Nacht geschieht, ist bis heute unklar. »Und was«, fragt der Schriftsteller Maxim Biller den Autor, »hat das mit dir zu tun?« Sacha Batthyany beginnt, nach Antworten zu suchen. Seine Reise führt ihn ins alte Ungarn, ins Österreich der Nachkriegszeit, in die Schweiz der Gegenwart, in die Lager des Gulag nach Sibirien, auf die Couch eines Pfeife rauchenden Psychoanalytikers und bis ins Wohnzimmer einer Auschwitz-Überlebenden in Buenos Aires. Dabei entdeckt er ein Geheimnis, das seinen Blick auf seine Familie und sich selbst verändert. Prägen vorangegangene Generationen die Art, wie wir leben? Sind wir doch alle Kriegsenkel? Dabei dachten wir doch, wir seien so aufgeklärt und modern und selbstbestimmt? Sacha Batthyanys Buch ist eine ungewöhnliche, gegenwärtig erzählte Familiengeschichte, ein Panorama Mitteleuropas, das nur vermeintlich verschwunden ist, und zugleich Psychogramm einer Generation. „Batthyanys Nabelschau, Therapie-Bericht hätte schnell ein weiteres eitles Grusel-Buch über den vermeintlichen Glamour des NS-Regimes werden können: ein Autor mit Adelstitel, fasziniert von den Tätern. Eine Familie, die mit den Großen tanzte. Und mordete? Stattdessen aber kreist er ohne falsche Gewissheiten um Schwachstellen, Lebenslügen, Hässlichkeiten – auch die eigenen. Einmal ohrfeigt er sein Kind. Einmal schüttelt er den Vater. An allen Ecken und Enden fehlt hier Souveränität. Zum Glück: Oft werden Bücher klüger, je weniger sie zu wissen vorgeben. Batthyany scheitert an fast jeder Frage. Ein großer Gewinn!“ (deutschlandradiokultur.de)
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