Ella macht sich bereit zur Probe: Sie lernt ihren Text auswendig, bereitet sich auf den großen Auftritt vor, fühlt sich in ihrem Beruf zu Hause. Dabei ist das Theater längst Geschichte. Denn Ella ist siebzig Jahre alt und als Schauspielerin nicht mehr gefragt. Da gibt es keine Engagements mehr, nicht mal mehr für eine Nebenrolle in einem Hörspiel. Doch Ellas Sehnsucht nach dem Theater kennt keinen Ruhestand. Die Bühne war ihre Welt, dort erlebte sie die totale Identifikation, dort wurde sie geliebt und liebte. Nun lebt Ella alleine. Wenn da nicht die Kinder wären, denen sie Nachhilfeunterricht erteilt, wäre sie wohl längst vereinsamt. Das Türkenmädchen Seda und der stumme Sven bringen etwas vom Leben draußen in Ellas Wohnung. Und Ella gelingt es, dies zuzulassen. Sie lehrt Seda nicht nur die Sprache, sondern auch manches von dem, was hierzulande zu wissen hilfreich ist. Sven fasst Vertrauen zu der älteren Frau, die ihn zu nichts zwingen will und gerade dadurch viel möglich macht. In einer poetischen Sprache gelingt es Ana Lang in diesem Prosatext, das Bild einer Frau zu skizzieren, die sich dagegen wehrt, keinen Lebensinhalt mehr zu haben, und nach dieser einen Rolle sucht, die ihre eigene ist. „Dass Ana Lang seit ihrem Debüt Ende der 1980er Jahre eine nahezu unbekannte Autorin geblieben ist, widerspiegelt wohl auch die Soziologie des literarischen Schreibens: In den Jahrzehnten des parallelen Berufs- und Familienlebens erschienen Langs Bücher mit grossen zeitlichen Abständen – die Schweizer Kleinverlage, denen sie ihre Manuskripte anvertraute, wechselten dabei kontinuierlich. Umso mehr ist zu hoffen, dass das schmale Werk nun bei der Edition Bücherlese in der Innerschweiz eine verlässliche Heimat gefunden hat. Denn auch wenn sich «Fische im Mond» teilweise etwas hermetischer, verschwiegener ausnimmt als die früheren Prosabände von Ana Lang, so zählt die Autorin doch zu den Schweizer Frauenstimmen, die mit ihrem konsequenten Umgang mit Stoff und Form ihre Leserschaft immer wieder zu überraschen vermögen“ (NZZ)
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