Vierzehn Jahre lang, von 1977 bis 1990, durchstreifte Gundula Schulze Eldowy das alte Ostberlin, fixierte mit ihrer Kamera die Narben, die der Krieg in der Stadt und ihren Bewohnern hinterlassen hatte, und hielt in ihren Bildern die letzten Spuren des im Untergang begriffenen alten Berliner Milieus fest. Ihre Bild-Zyklen lassen niemanden gleichgültig. Sie begeistern oder sie verstören. Die Künstlerin bewegte sich in einem Milieu, dessen Existenzgern verleugnet wurde, und wandte den Blick nicht ab, wenn sie Armut, Elend, Verzweiflung und Einsamkeit begegnete. Doch ihre Tabubrüche waren nie Selbstzweck, sondern dienten der Annäherung an menschliche Tragödien. "Man vergisst manchmal, wie lange der Zweite Weltkrieg im Gesicht der deutschen Städte noch zu sehen war. Für den sozialistischen Osten, der kein Wirtschaftswunder kannte, galt das besonders. Die Verwüstungen hatten es der jungen Gundula angetan. Sie sondierte sie wie eine Archäologin und hatte das Glück, eine Lebensform kurz vor deren Verschwinden zu fixieren. Die Fotografin liess sich ein auf das, was sie sah. Das Wohnen in beschränkten Verhältnissen, von denen ihre Bilder und Geschichten erzählen, praktizierte sie selber. Auf engem Raum zu leben, ohne fliessendes warmes Wasser, mit dem Klo auf halber Treppe und einer Kohlebrikett-Zuteilung zum Heizen, war ihr vertraut. In den verfallenden Hinterhöfen von Ostberlins Scheunenviertel übten Bohémiens und Alteingesessene die Koexistenz" (NZZ)
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