"Gegen den Tag" umspannt den Zeitraum zwischen der Weltausstellung in Chicago 1893 und den Jahren kurz nach dem Ersten Weltkrieg und führt von den Arbeiterunruhen in Colorado über das New York der Jahrhundertwende, London und Göttingen, Venedig und...
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"Gegen den Tag" umspannt den Zeitraum zwischen der Weltausstellung in Chicago 1893 und den Jahren kurz nach dem Ersten Weltkrieg und führt von den Arbeiterunruhen in Colorado über das New York der Jahrhundertwende, London und Göttingen, Venedig und Wien, den Balkan, Zentralasien, Sibirien zur Zeit des Tunguska-Ereignisses und Mexiko während der Revolution ins Paris der Nachkriegszeit, Hollywood während der Stummfilmära und an ein, zwei Orte, die auf keiner Landkarte zu finden sind... Dem geheimnisumwitterten amerikanischen Autor Thomas Pynchon (zuletzt "Mason und Dixon": BA 12/99) ist wohl eines der spektakulärsten Werke dieses Frühjahrs gelungen, jedoch sicherlich das gewichtigste mit fast 1600 Seiten. Nachdem die US-Medien eher verhalten reagierten, vergeben hiesige Kritiker teilweise höchstes Lob: Denis Scheck etwa spricht von einem Meisterwerk, wie es ein Literaturkritiker wohl nur einmal in seinem Leben vorstellen darf. Mehrere Handlungsstränge und eine Vielzahl von Personen gestalten die Lektüre für den durchschnittlichen Leser jedoch nicht gerade einfach. Der zeitliche Rahmen umfasst die Jahrzehnte vor dem 1. Weltkrieg, die geprägt sind von rasantem technologischem Fortschritt, wirtschaftlichem Wachstum und krassen gesellschaftlichen Widersprüchen. Ein aufsässiger Minenarbeiter wird Opfer eines skrupellosen Kapitalisten, woraufhin seine Söhne auf Rache sinnen. Aber der Roman bietet weitaus mehr als ein Arbeiterepos à la Upton Sinclair, er parodiert die fantastische Literatur jener Zeit ebenso wie den Western- und Horrorroman. Eine fordernde, aber auch originelle Lektüre. (Dietmar Adam)