Der Doppelgänger gilt als das beliebteste Motiv der deutschen Romantik. Für die Mehrzahl der ihm gewidmeten Studien stellt Sigmund Freuds psychoanalytische Theorie das Vokabular und sinngebende System. In dieser Arbeit verfolgt die Autorin einen innovativen, vom psychoanalytischen Zugang abgegrenzten Ansatz: Sie nähert sich der Figur des Doppelgängers über die zeitgenössische, der Naturphilosophie Schellings verpflichtete, romantische Anthropologie. Anhand zahlreicher Quellen wird nachvollzogen, wie in der psychologischen Theorie des frühen 19. Jahrhunderts menschliche Existenz als "Doppelnatur" begriffen wird, die sich im Spannungsfeld von Bewusstsein und Unbewusstem, von Leib und Seele, von Individuum und Allgemeinheit konstituiert. Die Interpretation erzählender Texte von Arnim, Brentano, Hoffmann, Kleist, Raimund, Serlo, Ungern-Sternberg und v. Gersdorff macht den konzeptuellen Hintergrund an den literarischen Symbolen sichtbar. Sie zeigt, wie die Ebenbilder, in antagonistischem oder sympathetischem Verhältnis stehend, am Versuch der Synthese scheitern oder zu einer Stärkung des Selbstgefühls gelangen, wobei die positive Auflösung weitaus häufiger inszeniert wird, als die Motivforschung bisher würdigte.
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