Vor 80 Jahren, am 10. Mai 1933, wurden in Berlin unter der Aufsicht von Joseph Goebbels die Werke von zahlreichen deutschen Autoren ins Feuer geworfen. Nur ein einziger dieser Autoren war dabei persönlich anwesend. Es war Erich Kästner. Erich Kästner ist doppelter Kronzeuge der Schandtat des Bücherverbrennens: In der Nacht des 10. Mai 1933 hat er auf dem von Flammen und Scheinwerfern taghell erleuchteten Berliner Opernplatz mitansehen müssen, wie seine Bücher ins Feuer geworfen wurden um 1965 zu erleben, dass in Düsseldorf der "Bund Entschiedener Christen" abermals seine Werke verbrannte, unter Aufsicht der Polizei und begleitet von der Presse. "Über das Verbrennen von Büchern" versammelt erstmals vier Texte von Erich Kästner, in denen er erzählt, was 1933 und danach wieder geschah, wie es geschah und warum es geschah. „Die Texte sind erschütternd, auch wenn sie etwas befremden. Die Bücherverbrennung war zwar ein deutliches Symbol dafür, was dieser im „Dritten Reich“ noch alles folgen würde, doch Kästner nimmt sie, nicht nur weil er betroffen war, sehr viel ernster als viele der anderen Naziverbrechen. Er schreibt: „Ein Doktor der Philosophie, ein Schüler Gundolfs“ – gemeint ist Goebbels – „hatte die deutschen Studenten aufgefordert, höchstselbst den deutschen Geist zu verbrennen. Er war Mord und Selbstmord in einem. Das geistige Deutschland brachte sich und den deutschen Geist um, und der Arrangeur, auch und gerade er, war, wie er das zu formulieren pflegte, ein Arbeiter der ’Stirn‘. Es war nicht nur Mord und nicht nur Selbstmord, er war Mord als Inzest, es war, mathematisch gesagt, Massenmord und Selbstmord hoch drei.“ Selbst angesichts des nationalsozialistischen Furors ist Kästner in diesem Text, er stammt von 1953, noch nicht bereit, sich von der „geistigen Elite“ so völlig zu lösen. Ganz im Sinne der Aufklärer glaubt er noch immer daran, diese studentischen Barbaren wären durch die Literatur, gerade auch die schöne, zu erlösen gewesen. Den Irrsinn, den Ideologien hervorbringen und mit dem sie die Befallenen restlos durchwirken, versuchte er da noch zu ignorieren“ (taz)
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