Diese Arbeit analysiert aus linguistischer Perspektive, welche besondere Qualität Erzählungen in Talkshows haben. Dabei sind zwei Fragen von besonderem Interesse: a) Wie unterscheiden sich Talkshow-Erzählungen von Erzählungen im Alltag? b) Worin unterscheiden sich die Erzählungen in den beiden - exemplarisch herausgegriffenen - Talkshows, 'Fliege' und 'Boulevard Bio'? Erzählen als Grundmuster menschlicher Kommunikation ist - im Gegensatz etwa zum Bericht - besonders dazu geeignet, Einstellungen, Emotionen und Bewertungen der SprecherInnen zu transportieren. Die Untersuchung analysiert, wie die Sendeform Talkshow dieses Diskurs-muster für die Zwecke des Massenmediums einsetzt. Welchen Beitrag leisten Erzählungen, daß aus dem Talk eine Show wird? Als Materialgrundlage dienen vier Gespräche aus der Sendung 'Boulevard Bio' und weitere fünf Gespräche aus der Talkshow 'Fliege'. Die Gespräche wurden transkribiert und sind der Untersuchung in einem zweiten Band beigefügt. In die Arbeit selbst sind jedoch viele Transkriptausschnitte aufgenommen, um die einzelnen Beobachtungen konkret zu belegen und die Argumentation direkt nachvollziehbar zu machen. Im Laufe der Beschäftigung mit dem transkribierten Material stellte sich heraus, daß sich die Erzählungen sowohl in vielfältiger Weise von Alltagserzählungen (d.h. von Erzählungen in nicht institutionellen Zusammenhängen) als auch untereinander unterscheiden. Einige Beispiele: - Typisch für die Talkshow ist 'segmentiertes Erzählen': Die Erzählungen werden immer wieder vom Moderator zwecks Klärung oder Verlangsamung unterbrochen. Hier wird die Ausrichtung der Talkshows an den unterstellten Bedürfnissen des Publikums besonders deutlich. - Häufig werden die relevantesten Stellen der Erzählungen (Pointen oder skandalöse Höhepunkte) von Gast und Moderator in kooperierendem Erzählen gemeinsam heraus-gearbeitet, um den Effekt auf die ZuschauerInnen (den 'Unterhaltungswert') zu steigern. - In der 'Personality-Talkshow' 'Boulevard Bio' ist die Hauptfunktion der Erzählungen, die ZuschauerInnen durch Pointen und Anekdoten zu amüsieren; Konflikte können auftreten, wenn ein Gast z.B. politische Inhalte transportieren will; die 'Betroffenen-Talkshow' 'Fliege' will v.a. spektakuläre Geschichten erzählen, an ihnen aber gleichzeitig Informationen und Ratschläge für die ZuschauerInnen festmachen (Doppelfunktion); dies führt immer wieder zu Konflikten mit dem Erzählbedürfnis der Gäste. - Desweiteren werden auch einige Strategien der Talkgäste herausgearbeitet, etwa um sich gegen eine versuchte Opferstilisierung zu wehren, oder um die ihnen wichtigen Inhalte durchzusetzen. Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis: 0.Vorbemerkungen1 1.Die konversationelle Alltagserzählung2 1.1Forschungsüberblick2 1.2Gegenstandsbestimmung und Abgrenzung3 1.3Kognitive Grundlagen der Produktion von Erzählungen5 1.3.1Vom 'Geschehen' zur 'Erzählung'5 1.3.2'Reportability' und 'Planbruch'6 1.4Strukturelemente des Erzählens7 1.4.1Die Erzähleinleitung7 1.4.2Die Orientierung9 1.4.3Der Erzählkern11 1.4.3.1Die Darstellung der Ereigniskette11 1.4.3.2Bewertungen (Evaluationen)11 1.4.3.3Zugzwänge12 1.4.3.4Sprachliche Mittel der Inszenierung13 1.4.3.5Zuhöreraktivitäten im Erzählprozeß14 1.4.4Der Abschluß von Erzählungen16 1.5Funktionen von Alltagserzählungen17 1.5.1Formbasierte Funktionen18 1.5.2Inhaltsbasierte Funktionen19 2.Die Talkshow als institutioneller Handlungsrahmen21 2.1Allgemeine Charakteristika der Talkshow21 2.1.1Die Talkshow als Gegenstand linguistischer Forschung22 2.1.2Die Talkshow als parasoziale Interaktion22 2.2Talkshow-Typen23 2.3Die Inszenierung von Talkshows25 2.3.1Das räumliche Arrangement25 2.3.2Die Vorbereitetheit von Talkshows26 2.3.3Die optische Vermittlung von Talkshows27 2.4Der Öffentlichkeitscharakter von Talkshow-Gesprächen29 2.4.1Die Mehrfachgerichtetheit von Talkshow-Gesprächen29 2.5Die RezipientInnen von Talkshows30 2.5.1Die FernsehzuschauerInnen30 2.5.2Das Studiopublikum31 2.6Institutionelle Rollen in der Talkshow32 2.6.1Die Rolle der Talk-Gäste32 2.6.2Die Rolle der ModeratorInnen32 3.Materialgrundlage und methodische Vorüberlegungen35 3.1Materialgrundlage35 3.1.1Die Talkshow 'Fliege'35 3.1.2Die Talkshow 'Boulevard Bio'36 3.1.3Transkriptionskonventionen38 3.2Methodische Vorüberlegungen39 4.Analyse - Erzählen in der Talkshow41 4.1Erzähleinleitungen42 4.1.1Erzähleinleitungen durch den Moderator (fremdinitiierte Erzählungen)42 4.1.1.1Voraberzählungen durch den Moderator43 4.1.1.2Direkte offene Fragen (Erzählaufforderungen)46 4.1.1.3Tendenziöse Fragen48 4.1.1.4Stichwortfragen51 4.1.1.5Biographische Hinführung zur Frage52 4.1.1.6Typisierende Hinführung zur Frage55 4.1.2Erzähleinleitungen durch die Gäste (eigeninitiierte Erzählungen)56 4.2Segmentiertes Erzählen58 4.2.1Zwischenfragen59 4.2.2Parallelen65 4.2.3Klärende Einschübe66 4.2.4Retardierende Zusammenfassungen67 4.2.5Expertengespräche69 4.2.5.1Reetablierungen durch den Moderator72 4.3Kooperierendes Erzählen75 4.3.1Kooperation bei der Herausarbeitung von Evaluationen76 4.3.2Kooperation bei der Herausarbeitung von Höhepunkten80 4.3.2.1Pointen-Höhepunkte80 4.3.2.2Skandalon-Höhepunkte84 4.3.3Pannen86 4.4Relevanzpunkte90 4.4.1Erzählen und Informieren92 4.4.2Thematische Relevanzsetzungen95 4.4.3Opferstilisierung und positive Selbstdarstellung98 4.5Erzählausleitungen102 4.5.1Bewertungsübernahme durch den Moderator103 4.5.2Anschlußhandlungen106 4.5.2.1Nachbearbeitungen106 4.5.2.2Umfokussierungen107 4.5.3Schlußevaluation110 5.Zusammenfassung und Schlußbemerkung113 6.Literaturverzeichnis119 Inhaltsangabe:Zusammenfassung: Die Arbeit analysiert aus linguistischer Perspektive, welche besondere Qualität Erzählungen in Talkshows haben. Dabei sind zwei Fragen von besonderem Interesse: a) Wie unterscheiden sich Talkshow-Erzählungen von Erzählungen im Alltag? b) Worin unterscheiden sich die Erzählungen in den beiden - exemplarisch herausgegriffenen - Talkshows, 'Fliege' und 'Boulevard Bio'? Erzählen als Grundmuster menschlicher Kommunikation ist - im Gegensatz etwa zum Bericht - besonders dazu geeignet, Einstellungen, Emotionen und Bewertungen der SprecherInnen zu transportieren. Die Untersuchung analysiert, wie die Sendeform Talkshow dieses Diskurs-muster für die Zwecke des Massenmediums einsetzt. Welchen Beitrag leisten Erzählungen, daß aus dem Talk eine Show wird? Als Materialgrundlage dienen vier Gespräche aus der Sendung 'Boulevard Bio' und weitere fünf Gespräche aus der Talkshow 'Fliege'. Die Gespräche wurden transkribiert und sind der Untersuchung in einem zweiten Band beigefügt. In die Arbeit selbst sind jedoch viele Transkriptausschnitte aufgenommen, um die einzelnen Beobachtungen konkret zu belegen und die Argumentation direkt nachvollziehbar zu machen. Im Laufe der Beschäftigung mit dem transkribierten Material stellte sich heraus, daß sich die Erzählungen sowohl in vielfältiger Weise von Alltagserzählungen (d.h. von Erzählungen in nicht institutionellen Zusammenhängen) als auch untereinander unterscheiden. Einige Beispiele: - Typisch für die Talkshow ist 'segmentiertes Erzählen': Die Erzählungen werden immer wieder vom Moderator zwecks Klärung oder Verlangsamung unterbrochen. Hier wird die Ausrichtung der Talkshows an den unterstellten Bedürfnissen des Publikums besonders deutlich. - Häufig werden die relevantesten Stellen der Erzählungen (Pointen oder skandalöse Höhepunkte) von Gast und Moderator in kooperierendem Erzählen gemeinsam heraus-gearbeitet, um den Effekt auf die ZuschauerInnen (den 'Unterhaltungswert') zu steigern. - In der 'Personality-Talkshow' 'Boulevard Bio' ist die Hauptfunktion der Erzählungen, die ZuschauerInnen durch Pointen und Anekdoten zu amüsieren; Konflikte können auftreten, wenn ein Gast z.B. politische Inhalte transportieren will; die 'Betroffenen-Talkshow' 'Fliege' will v.a. spektakuläre Geschichten erzählen, an ihnen aber gleichzeitig Informationen und Ratschläge für die ZuschauerInnen festmachen (Doppelfunktion); dies führt immer wieder zu Konflikten mit dem Erzählbedürfnis der Gäste. - Desweiteren werden auch einige Strategien der Talkgäste herausgearbeitet, etwa um sich gegen eine versuchte Opferstilisierung zu wehren, oder um die ihnen wichtigen Inhalte durchzusetzen. Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis: 0.Vorbemerkungen1 1.Die konversationelle Alltagserzählung2 1.1Forschungsüberblick2 1.2Gegenstandsbestimmung und Abgrenzung3 1.3Kognitive Grundlagen der Produktion von Erzählungen5 1.3.1Vom 'Geschehen' zur 'Erzählung'5 1.3.2'Reportability' und 'Planbruch'6 1.4Strukturelemente des Erzählens7 1.4.1Die Erzähleinleitung7 1.4.2Die Orientierung9 1.4.3Der Erzählkern11 1.4.3.1Die Darstellung der Ereigniskette11 1.4.3.2Bewertungen (Evaluationen)11 1.4.3.3Zugzwänge12 1.4.3.4Sprachliche Mittel der Inszenierung13 1.4.3.5Zuhöreraktivitäten im Erzählprozeß14 1.4.4Der Abschluß von Erzählungen16 1.5Funktionen von Alltagserzählungen17 1.5.1Formbasierte Funktionen18 1.5.2Inhaltsbasierte Funktionen19 2.Die Talkshow als institutioneller Handlungsrahmen21 2.1Allgemeine Charakteristika der Talkshow21 2.1.1Die Talkshow als Gegenstand linguistischer Forschung22 2.1.2Die Talkshow als parasoziale Interaktion22 2.2Talkshow-Typen23 2.3Die Inszenierung von Talkshows25 2.3.1Das räumliche Arrangement25 2.3.2Die Vorbereitetheit von Talkshows26 2.3.3Die optische Vermittlung von Talkshows27 2.4Der Öffentlichkeitscharakter von Talkshow-Gesprächen29 2.4.1Die Mehrfachgerichtetheit von Talkshow-Gesprächen29 2.5Die RezipientInnen von Talkshows30 2.5.1Die FernsehzuschauerInnen30 2.5.2Das Studiopublikum31 2.6Institutionelle Rollen in der Talkshow32 2.6.1Die Rolle der Talk-Gäste32 2.6.2Die Rolle der ModeratorInnen32 3.Materialgrundlage und methodische Vorüberlegungen35 3.1Materialgrundlage35 3.1.1Die Talkshow 'Fliege'35 3.1.2Die Talkshow 'Boulevard Bio'36 3.1.3Transkriptionskonventionen38 3.2Methodische Vorüberlegungen39 4.Analyse - Erzählen in der Talkshow41 4.1Erzähleinleitungen42 4.1.1Erzähleinleitungen durch den Moderator (fremdinitiierte Erzählungen)42 4.1.1.1Voraberzählungen durch den Moderator43 4.1.1.2Direkte offene Fragen (Erzählaufforderungen)46 4.1.1.3Tendenziöse Fragen48 4.1.1.4Stichwortfragen51 4.1.1.5Biographische Hinführung zur Frage52 4.1.1.6Typisierende Hinführung zur Frage55 4.1.2Erzähleinleitungen durch die Gäste (eigeninitiierte Erzählungen)56 4.2Segmentiertes Erzählen58 4.2.1Zwischenfragen59 4.2.2Parallelen65 4.2.3Klärende Einschübe66 4.2.4Retardierende Zusammenfassungen67 4.2.5Expertengespräche69 4.2.5.1Reetablierungen durch den Moderator72 4.3Kooperierendes Erzählen75 4.3.1Kooperation bei der Herausarbeitung von Evaluationen76 4.3.2Kooperation bei der Herausarbeitung von Höhepunkten80 4.3.2.1Pointen-Höhepunkte80 4.3.2.2Skandalon-Höhepunkte84 4.3.3Pannen86 4.4Relevanzpunkte90 4.4.1Erzählen und Informieren92 4.4.2Thematische Relevanzsetzungen95 4.4.3Opferstilisierung und positive Selbstdarstellung98 4.5Erzählausleitungen102 4.5.1Bewertungsübernahme durch den Moderator103 4.5.2Anschlußhandlungen106 4.5.2.1Nachbearbeitungen106 4.5.2.2Umfokussierungen107 4.5.3Schlußevaluation110 5.Zusammenfassung und Schlußbemerkung113 6.Literaturverzeichnis119
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