Der Journalist und Fotograf, 2012 Träger des Europäischen Buchpreises für den Roman "Wie die Madonna auf den Mond kam" (BA 12/09), schildert hier Eindrücke vieler Reisen seit 1990 zu Sinti und Roma. Er findet in Ungarn Mütter, die mit Kindern seit Jahren auf Müllkippen leben, Eltern in Frankreich (Lourdes), die ihre kranken Kinder zum Betteln antreiben, in Rumänien einen "Zigeunerkönig" in seinem Palast und eine Mutter, die ihm für 3.000 EUR ihre Säuglinge zum Kauf anbietet und spricht in Dortmund mit einer der vielen Zwangsprostituierten aus Bulgarien. Er weiß, dass viele Verhaltensweisen dieser Völker aus Sklaverei, Ausgrenzung und Hass resultieren, erinnert sich aber auch "kaum an einen Rom, der ... ein Stück Verantwortung bei sich selbst gesucht ... hätte" für das, was heute ist. Er kritisiert Teile der deutschen Antiziganismusforschung, die die "Schattenseiten der Roma nicht anschauen wollen" und den Alleinvertretungsanspruch des Zentralrats der Sinti und Roma. Ein kenntnisreiches Buch mit kraftvoller, lebendiger Sprache. - Zusätzlich zu "Arme Roma, böse Zigeuner" (ID-A 39/12). (2) (Herbert Lindenlaub) Zigeuner in Europa: über Kultur, Traditionen und politisch korrekte Klischees. Vorbehalte und Berührungsängste, die nicht zuletzt ein Erbe des Nationalsozialismus sind, verstellen in Deutschland den Blick auf das Thema Zigeuner. Rolf Bauerdick hat eigene Erfahrungen gemacht. Über zwanzig Jahre auf weit mehr als einhundert Reisen in zwölf Länder begegnete er Menschen, die sich mit selbstverständlicher Unbefangenheit als "Zigeuner" bezeichnen. Er war nicht als Ethnologe, Soziologe oder Menschenrechtler unterwegs, sondern als Berichterstatter und Fotograf. Als ein Besucher, ein Gast taucht er unvoreingenommen ein in die Kultur der größten europäischen Minderheit. Mit kritischem Wohlwollen schildert Bauerdick den Alltag der Zigeuner. Weder beschönigt er ihre massive Diskriminierung noch entbindet er sie von ihrer Eigenverantwortlichkeit. Er geht den Ursachen einer dramatischen Verelendung und der Zunahme ethnischer Konflikte auf den Grund, frei von dem Vorurteil, dass die einen immer Opfer, die anderen immer die Täter sind. Dabei stellt Rolf Bauerdick politisch korrekte Klischees in Frage und wendet sich massiv gegen die stereotype Verwendung des Begriffspaars Sinti und Roma. Schon der Titel seines Buches hat Brisanz. "Zigeuner" ist für ihn kein rassistisches Schimpfwort, keine diffamierende Fremdbezeichnung oder Täterkategorie - wie für Romani Rose, den Vorsitzenden des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, sondern eine für ein Großteil dieses Volkes identitätsstiftende Eigenbezeichnung. Viele seiner Begegnungen sprechen dafür. „Rolf Bauerdick hat ein widersprüchliches Buch verfasst. Manches darin ist respektabel, anderes dubios. Wer sich über die Materie genauer unterrichten will, dem sei Klaus-Michael Bogdahls "Europa erfindet die Zigeuner" empfohlen. Bauerdicks Buch listet im Anhang Titel von einschlägigen Sekundärliteraturen auf. Bogdahl kommt darin nicht vor“ (dradio.de)
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