Italien ist der letzte große Nachbarsprachraum der deutschsprachigen Länder, für den die Geschichte des Erwerbs und der Fremdsprache Deutsch erst lückenhaft erforscht ist. Für Frankreich, Großbritannien, Dänemark, die baltischen Länder, Russland, Polen und die historischen Königreiche Böhmen und Ungarn liegen Bibliographien oder monographische Überblicks¬darstellungen vor. Dieser Band versucht, eine Forschungslücke zu verkleinern. Er beruht auf Vorträgen, die bei der Tagung „Die Sprache des Nachbarn“ im Mai 2016 in der Villa Vigoni am Comer See gehalten wurden. Es geht darin um den (teilweise gesteuerten) Erwerb der Fremdsprache Deutsch in Italien und den (meist ungesteuerten) Erwerb des Deutschen durch italienische Einwanderer in den deutschen Sprachraum vom Mittelalter bis ins frühe 20. Jahrhundert, weiterhin um grammatische und didaktische Versuche, Italienern ihre nördliche Nachbarsprache zu vermitteln, und schließlich um deren Urteile über diese Sprache und die darauf beruhende Literatur und Kultur. Die Beiträge befassen sich mit den frühesten Zeugnissen des Deutschlernens in Italien in der Tradition des solenissimo vocabuolista und der mehrsprachigen Wörterbücher der Humanisten und der Barockzeit, mit den Lehrbüchern des Praktikers Matthias Chirchmair und des Philologen Matthias Kramer aus dem 17. Jahrhundert, mit den Sprach- und Kulturkontakten im 18. Jahrhundert, mit „La Germania dotta“ und der Wissenschaftssprache Deutsch im 19. Jahrhundert und schließlich mit der Schulsprache Deutsch in den italienischsprachigen Gebieten des Habsburgerreiches und im vereinten Italien bis 1918.
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