Vom 15. Oktober bis zum 23. November 1962 durfte der 36 Jahre junge Schriftsteller Siegfried Lenz auf Einladung des US-amerikanischen Außenministeriums kreuz und quer durch die USA reisen. Die vielfältigen Eindrücke dieser Reise hat er Abend für Abend in einem Tagebuch festgehalten. Genau 50 Jahre später wird dieses Reisetagebuch nun erstmals vom Hoffmann-und-Campe-Verlag der Öffentlichkeit vorgestellt - und das völlig zu Recht! Denn Siegfried Lenz reist nicht nur mit wachem und kritischen Blick durch ein für ihn ebenso fremdes wie faszinierendes Land, über dem zu diesem Zeitpunkt überall spürbar der Schatten der Kuba-Krise liegt. Er nimmt auch sehr genau die Aufbruchsstimmung im Lande wahr und die beginnende Politisierung, vor allem bei den Intellektuellen und Studenten. Und Siegfried Lenz hatte damals schon die Fähigkeit, seine Beobachtungen mit wenigen lakonischen Bemerkungen anschaulich zu machen und auf den Punkt zu bringen. Erst dadurch gewinnt das ursprünglich rein "private" Tagebuch seine Qualität als literarischer Text ebenso wie als eindrucksvolles Zeitdokument. Breit empfohlen. (2) (Ronald Schneider) "Am 16. Oktober, 9.15 a.m. erstes Appointment mit Mr. Milos O. Ptak im Department of State, Telefonat mit Dr. Schött von der Deutschen Botschaft, der bereits Nachricht hinterlassen hatte." Vierundvierzig Tage reist Siegfried Lenz im Jahre 1962 durch die USA. Er notiert allabendlich das Erlebte in ein Notizbuch. Genau fünfzig Jahre danach erscheint dieses Dokument einer Reise durch Amerika. Zur selben Zeit als Siegfried Lenz am Morgen nach seiner Ankunft in Washington und noch mit Jetlag seinen ersten Verabredungen nachkommt, trifft sich der amerikanische Präsident John F. Kennedy mit seinen Militärberatern und wichtigsten Beamten zur Besprechung der Kubakrise. Amerika steht vor seiner größten Krise seit dem Ende des zweiten Weltkriegs. Diese bedrohliche Atmosphäre empfindet Siegfried Lenz bereits nach wenigen Tagen seiner Amerikareise. Der Ost-West-Konflikt, die Kubakrise, die Diskussion um die Atombombe, das Engagement der Vereinigten Staaten in Vietnam - von diesen Stimmungen ist Siegfried Lenz Reisetagebuch 1962 bestimmt. Dabei war der junge Schriftsteller doch eingeladen worden, die amerikanische Demokratie kennenzulernen. Der deutsche Seekadett, Journalist und Literat war, wie Martin Walser, Günter Grass, Ingeborg Bachmann oder auch Marcel Reich-Ranicki ein überaus wichtiger Gast aus Deutschland, der dem sich findenden Deutschland Bericht erstatten sollte aus dem Land der Sieger. Siegfried Lenz war von vielem begeistert, von der amerikanischen Literatur wusste er viel, ihr wollte er weiter auf die Spur kommen. Fast hätte er Faulkner noch getroffen. Es war sein Wunsch. Es hat nicht mehr sollen sein. "Siegfried Lenz' Reisenotizen sind das einzige Tagebuch, das der Schriftsteller jemals geschrieben hat. Es war nie zur Veröffentlichung bestimmt. Der dünne Band von 148 Seiten gibt heutigen Lesern einen Einblick in die ganz persönlichen Beobachtungen und Begegnungen eines Reisenden, der später ein international bekannter deutscher Autor wurde, und ist damit ein in vieler Hinsicht spannendes Zeitzeugnis" (ndr.de). Platz 5 der SWR-Bestenliste Januar 2013
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